13. Juni 2008

Ausgedehnter Inkatrail

Wo waren wir stehen geblieben? Genau, wir haben uns also ein paar Tage in Cusco auf die faule Haut gelegt und uns mental auf den Inkatrail eingestellt. Soweit so gut. Um ehrlich zu sein, wir hatten die Hosen gestrichen voll, dass uns bei dieser Wanderung ueber 4 Tage, mehrere tausend Hoehenmeter und einem Pass mit 4.200m dann doch die Puste ausgehen koennte. Zwei Tage vor dem Inkatrail hatten wir bereits herausgefunden, dass ein Paar aus Kanada (28 und 23) mit uns in der Gruppe sein wuerde, und so fingen wir an, uns auszumalen, was fuer Uebermenschen das wohl sein werden (er: Skilehrer und Extrembergsteiger aus den Rockies und sie auch so ein Sport-Dopsball). Naja, ganz so schlimm kams dann zum Glueck nicht. Am Vorabend hatten wir unser Briefing mit German (gesprochen "Herrmann"), unserem Guide. Wir sollten uns keine Sorgen machen, das waere alles nur ein "Piece of Cake" fuer uns - das sollten wir in den folgenden Tagen noch einige Male zu hoeren bekommen ;-). Also sagte er uns, er wuerde uns am naechsten Morgen um 6h40 "German"-Time in unserem Hostal abholen. Die "German"-Time stellte sich zwar dann doch als weniger zuverlaessig heraus, aber so gegen 7h fuhren wir dann los zu Km 82 (der Bahnstrecke zwischen Cusco und Aguas Calientes, dem Kaff unter der Ruine von Machu Picchu - aber hier weiss jeder was mit Km 82 gemeint ist). Km 82 ist der Ausgangspunkt fuer den "klassischen" Inkatrail (4 Tage, 3 Naechte). Von dort aus laeuft man dann 33 Km ueber drei Paesse (4.200m, 3.950m und 3.670m). Aber dazu spaeter. Der erste Tag ist ein recht lockeres Auf und Ab. Eine ca. 5 stuendige Wanderung von 2.600m auf ca. 3.000m mit einer eindrucksvollen Inkaruine dazwischen.

From Inkatrail und...

Es stellte sich bald raus, dass das Kanadische Paar aus Quebec kam - es handelte sich also Gott sei dank um "Flachland"-Kanadier. Allerdings ist er (Alex) ein Langlauffanat, was ihm doch einen gewissen Fitnessvorsprung einbrachte. Wir hingegen hatten den grossen Vorteil, dass wir vor dem Trek bereits laenger in der Hoehe waren (Titicacasee, La Paz und die Jeeptour, war alles zum Teil deutlich ueber 3.000m). Und so konnten wir ueber den gesamten Inkatrail hinweg etwa gleiches Tempo gehen, was sehr angenehm war. Ueberhaupt hat es sich fuer uns als absoluter Gluecksgriff erwiesen, dass wir bei der Auswahl der Agentur fuer den Inkatrail nicht so mit dem Pfennig (bzw. Eurocent) gefuchst haben. Mit nur vier Teilnehmern waren wir eine der sehr wenigen kleinen Gruppen auf dem Trail und das hatte viele Vorteile. Insgesamt gesehen muss man aber unsere "kleine" Gruppengroesse relativieren, denn unsere gesamte Mannschaft bestand aus uns vieren, einem Guide, einer Frau von der Agentur, einem Koch, einem "Headporter" und acht weiteren Portern. Wir waren also eigentlich 16 Personen. Porter sind uebrigens die lieben Einheimischen, die einem die komplette Campingausruestung (plus in unserem Luxuspaket auch das eigene Gepaeck) tragen. So ist man nur mit Kamera, einem Fliess und ca. 2 Litern Wasser bepackt etwas agiler in dieser hochalpinen Gegend. Und da das fast alle Gruppen so machen, die auf dem Trail unterwegs sind, laufen eine ganze Menge Porter auf dem Weg mit - und zwar in der Regel schnellen Schrittes an einem vorbei, denn die Jungs sind in dieser Hoehe zu Hause und daher klar im Vorteil! Immerhin haben sich die Behoerden in Peru bemueht, das stark wachsende touristische Interesse am Inkatrail etwas im Zaum zu halten und der ganzen Sache etwas mehr Humanitaet zu verleihen, indem erstens die Gesamtzahl der zulaessigen Personen (einschliesslich Porter) pro Tag auf 500 beschraenkt wurde und zweitens die Porter nur noch maximal 20kg (ausser ihren eigenen Sachen) tragen duerfen und mindestens 18 sein muessen. Frueher waren 50-60kg wohl nicht unueblich! Und das wird auch tatsaechlich ueberprueft (am Eingang des Trails muss jeder Porter mit seinem Gepaeck durch die Kontrolle). Allerdings ist es bei den meisten Agenturen auch ueblich, im letzten Dorf auf dem Trail (nach der Kontrolle) noch ein paar Sachen einzukaufen und dafuer ein paar "Extraporter" aus dem Dorf anzuheuern... die sind dann auch gern mal erst 15, 16. Unsere Agentur ist dahingehend aber zum Glueck ziemlich korrekt gewesen. Wir hatten sogar biologisch abbaubare Seife dabei und der Muell wurde getrennt - waer vielleicht ein Primekandidat fuer oekom? ;-) Aber zurueck zum Treck. Der normale Tagesablauf war in etwa so: Wake-Up-Call am Zelt mit heissem Tee oder Kaffee (wie gesagt, wir hatten das Luxuspaket gebucht) so zwischen 5h und 7h morgens, kurz danach kamen zwei Schalen warmes Wasser ans Zelt zum Waschen und dann hatte man noch ca. 30min um seinen Kram im Zelt zusammen zu packen, denn dann gabs das reichhaltige Fruehstueck im "Dinner-Zelt". Es gab jeden Tag was anderes, aber zu den Highlights gehoerten der erste Tag mit frischem Obstsalat und Pancakes, und an den folgenden Tagen Ruehrei und Porrige - sehr guter Start in den Wandertag! Nach dem Fruehstueck gings dann auch immer straight los (die Zelte wurden in der Zwischenzeit von der Crew abgebaut, so dass man sich darum keinen Kopf machen musste ;-)). Ca. um 11h gabs immer eine kleine Pause in der wir unseren liebevoll zusammengestellten "Snack" essen konnten und so gegen 13h kam man dann ueblich am Ort an, der fuer das Mittagessen vorgesehen war. Dort stand dann bereits das "Dinner-Zelt" (die Porter gehen immer spaeter als man selbst los - ueberholen einen dann aber ziemlich schnell wieder, s.o.) und der Koch war in den letzten Zuegen, um das Mittagessen zu bereiten.

From Inkatrail und...

Das viele Geld, das wir fuer die Tour bezahlt haben, machte sich sowohl bei der Qualitaet des Essens, wie bei der Auswahl der Orte fuer das Mittagessen bemerkbar. Nach dem Mittagessen gings dann (nach kurzer Verdauungssiesta) weiter gen Ziel (meistens noch ca. 2,5-4h). An der jeweiligen Campsite angekommen (die auch meistens sehr, sehr schoen lagen) gabs dann erstmal Tea-Time mit Popkorn (ist hier sehr beliebt, da viel Mais (oder Maisaehnliches) angebaut wird), Crackern und eben Tee, Kaffee oder heisser Schokolade. Jetzt musste man eigentlich nur noch die ca. zwei Stunden bis zum koestlichen Dinner herum bekommen (ohne dabei sofort wegzupennen). Alles in allem eine sehr angenehme Art, eine eigentlich recht anstrengende Wandertour zu absolvieren. Dazu kam, dass unser Guide unsere Abmarschzeiten so getimed hat, dass wir die Massen umgingen und oft alleine auf dem Trail unterwegs waren.
Nachdem Ihr nun mit den allgemeinen Rahmenbedingungen unseres Inkatrails vertraut seid, kann ich Euch noch im Schnelldurchlauf unsere Erlebnisse waehrend der vier Tage schildern. Also den ersten Tag hatte ich ja bereits weiter oben als locker Wanderung durch nette Flora beschrieben. Am zweiten Tag gings dann richtig zur Sache: von 3.000m auf den ersten Pass mit 4.200m ("Piece of Cake")- das war kein Zuckerschlecken und hier konnten wir unseren Vorteil gegenueber den Kanadiern voll ausspielen. Trotzdem waren wir ziemlich erleichtert (und total fertig) als wir unser Tagesziel auf 3.500m endlich erreicht hatten. Das beste an diesem Tag waren der Ort fuers Mittagessen...

From Inkatrail und...

...die Aussicht vom Pass...

From Inkatrail und...

... und schliesslich die Campsite:

From Inkatrail und...

Am dritten Tag stand, nach der Anstrengung vom Vortag, Geniessen auf dem Programm. Die beiden noch ausstehenden Paesse passierten wir relativ unbeschadet ("Piece of Cake") und konnten so die wunderschoenen Ausblicke auf die schneebedeckten Berge...

From Inkatrail und...

...und die beeindruckenden Inkaruinen voll auskosten.

From Inkatrail und...

Allerdings sollte der dritte Tag auch unser laengster Wandertag werden. Das war von Beginn an klar - allerdings hatte "German" unser Guide noch eine kleine Ueberraschung fuer uns in Petto. Nach der letzten Ruine fuer diesen Tag, kurz nach dem dritten Pass fragte er uns naemlich, ob wir nicht Lust haetten einen "alternativen" Inkatrail zur Campsite zu gehen. Wir haben natuerlich gerne zugestimmt, da einem auf dem Trail jede Gelegenheit recht ist, um den Massen aus dem Weg zu gehen. Und tatsaechlich waren wir auf dem recht wenig begangenen Pfad den Rest des Tages mutterseelenallein.

From Inkatrail und...

Statt direkt in das tiefe Tal zu unserer letzten Campsite abzusteigen, bogen wir also bei der Ruine ab und blieben noch etwa 1,5 Stunden auf der gleichen Hoehe, um schliesslich einen ersten Blick aus weiter Ferne auf die Ruinen von Machu Picchu zu erhaschen.

From Inkatrail und...

Weitere Highlights am dritten Tag waren die verschiedenen Klimazonen, durch die wir kamen, inklusive dem wunderschoenen Nebelwald mit seinen vielen schoenen Blumen und vor allem Orchideenarten. An diesem Tag bekam unser Guide auch den Spitznahmen "Orchideen-German", da er aber auch wirklich jede noch so kleine Orchidee am Wegesrand (oder auch in einiger Entfernung) aufspuehrte und fotografierte (er hat wohl eine betraechtliche Sammlung von Orchideenfotos zu Hause). So haben wir uns auch in den Orchideenbann ziehen lassen...

From Inkatrail und...

From Inkatrail und...

From Inkatrail und...

... nur eine kleine Auswahl...
Der letzte Tag lief dann auch noch mal etwas anders als wir uns das gedacht hatten. Zuerst kam der Wake-Up-Call zu spaet, naemlich um 5h10 statt um 4h50, so dass wir etwas in Stress gerieten, um noch rechtzeitig zum Fruehstueck zu kommen. Wir waren also schon leicht gereizt und als ich dann noch im Halbschlaf vom Klo zum Dinnerzelt lief, passierte es dann: ich knicke mit meinem "Baenderriss-Fuss" um, der Blutdruck faellt rapide und in meinen Gedanken sehe ich schon, wie vier Porter mich nach Aguas Calientes schleppen. Nach etwa zwei, drei Schockminuten stellte sich dann aber raus, dass es wohl kein Baenderriss war - bzw. nicht so ein heftiger wie letztes Jahr, da es keine grosse Schwellung gab und ich auch den Fuss gleich wieder einigermassen belasten konnte. Ich tippe mal auf Baenderdehnung - jedenfalls war das Gefuehl, als es passierte recht aehnlich wie bei meinem Baenderriss. Aber zum Glueck war ich dann doch in der Lage, mit bandagiertem Fuss und Stock die ca. 2 stuendige Etappe bis zum finalen Ziel, Machu Picchu, zu bewaeltigen. Und auch dort konnten wir dieses wirklich umwerfende Werk der Inkas noch komplett besichtigen bzw. erklettern.

From Inkatrail und...

Die Bilder schaut Ihr Euch am besten in unserem Album an. Wir haben uns uebrigens echt Muehe gegeben, die Zahl der Bilder soweit moeglich zu reduzieren - ehrlich! Also Ende gut alles gut! Und inzwischen geht es meinem Aussenband nach zwei recht ruhigen Tagen in Cusco auch wieder ziemlich gut und ich kann wieder schmerzfrei gehen. Nur laufen und laengere Wanderungen sind wohl erstmal nicht angesagt. Aber das wird sich weisen ;-) Morgen fahren wir auf jeden Fall weiter nach Arequipa, wo wir auch Clarissas Geburtstag feiern werden! Und dann spielt hoffentlich auch Deutschland mal wieder einen gescheiten Fussball. Ja, es schmerzt genauso am anderen Ende der Welt!!!

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Ihr zwei,
hört sich ja alles super spannend und vor allem anstrengend an. Wie seid Ihr denn da wieder runter gekommen?! Doch nicht etwa wieder zurück gelaufen?!
Liebe Grüße aus München und viel Spaß noch!!!
Annabelle

Anonym hat gesagt…

Also, nachdem meine gut gemeinten Ratschläge (hässliche Bilder etc., Ihr wisst schon) komplett ignoriert werden und ich (und vermutlich auch andere) daher weiterhin mit latenten Neid-Symptomen zu kämpfen habe, hatte ich mir eigentlich vorgenommen, diese Internetseite zu boykottieren und bis Februar 2009 auf den Index zu setzen. Aber: Es funktioniert nicht, das Entdecker-Gen ist zu stark.
Die Unverschämtheit schlechthin war dann ja auch noch die zeitweilige Führung im oekom-Kicktipp, während es sich die Herrschaften mit Cocktail in der Hand irgendwo am Ende der Welt gemütlich machen. Versöhnlich gestimmt hat dann allerdings wiederum Deine, Till, Performance am zweiten Spieltag und die damit einhergehende Bekanntschaft mit den Niederungen des Fußballalltags. Unterm Strich ein fairer Zug. Danke.